BLOG #6: »Eine weltweite Familie von Menschen« – 15.09.2016

Gestern fuhren wir von Nazareth aus nach Norden und besuchten eine christlich-melkitische Schule in Rame in Israel. Der Schuldirektor, Dr. Jiries Mansour, ist ein Urgestein und Grün- dungsmitglied der Abrahamic Reunion. Seine Schule wird von der israelischen Regierung und der römisch-katholischen Kirche getragen und zählt weit mehr als 700 israelisch-arabische Schüler, unter ihnen Christen, Muslime und Drusen. Begonnen wird schon mit dem Kindergarten und der Unterricht geht durch alle Altersstufen bis zum Abitur. Sie ist ziemlich modern und bietet sowohl Laboratorien als auch Computerarbeitsplätze. Dennoch hat sie die Atmosphäre eines uralten heiligen Platzes. Die Ausbildung hier ist als hochmodern und erstklassig anerkannt, die Einrichtung ist schön und funktional. Doch was mich am tiefsten berührt hat, ist das Thema Mitgefühl, das sich wie ein roter Faden durch die ganze Schule zieht.

Deacon-Jiries-MansurWir sprachen lange Zeit mit Jiries über die Abrahamic Reunion und welche Rolle sie in Zukunft sowohl im Heiligen Land wie auch weltweit spielen könnte. Als wir fragten, was er gerne schaffen möchte antwortete er klar mit einer Vision, die er offensichtlich schon lange mit sich trug: Er möchte eine Schule bauen, die Frieden lehrt, mit Studenten aller Religionen des Heiligen Landes, die sich wirklich gegenseitig kennenlernen können, indem sie zusammen studieren und von der Wahrheit lernen mögen, die in der Art und Weise zu leben eines jeden Anderen gefunden werden kann. Für ihn war diese Idee so stark, dass es sich für mich, während ich dort mit ihm saß und seinen Ausführungen im Geiste folgte, so anfühlte, als wäre sie schon seit einem Jahrzehnt verwirklicht.

Er freute sich über die Ziele der Abrahamic Reunion und war optimistisch, diese mit Unterstützung von Freunden außerhalb als auch innerhalb Israels zu erreichen. Die benötigte Hilfe sei nicht nur finanzieller Art, sondern vor allem auch energetisch, kreativ und visionär.

Wir verließen die Schule gemeinsam mit Jiries, der sich auf den Weg nach Rumänien zu einer Universität machte, um dort seinen zweiten Doktortitel zu erlangen. Was mich zutiefst berührte, war zu realisieren, dass wir schon eine richtige Familie geworden sind und der Gedanke, dass eine globale menschliche Familie nicht Traum, sondern Notwendigkeit ist.

Wir verließen Rame und fuhren weiter nach Faradis, einer friedlichen arabischen Kleinstadt und Heimat von Ibtisam Mahamid und ihrem Mann Subkhi. Er hatte offensichtlich starke Schmerzen und es stellte sich heraus, dass er an Nierensteinen litt und darauf wartete, uns noch zu sehen, bevor er ins Krankenhaus musste. Die Vorstellung, welch starke Schmerzen er haben musste und trotzdem auf unseren Besuch gewartet hatte, ist etwas, das nicht wirklich gut in unsere westliche Denkweise passt. Liebe kann auf so unterschiedliche Art und Weise Ausdruck finden!

Wir hatten eine wunderbare Zeit, redeten nicht über die Abrahamic Reunion, sondern genossen einfach unsere lange Freundschaft und Gesellschaft. Wir werden zu einem anderen Zeitpunkt zurückkehren, um über all die verschiedenen Projekte zu reden und wie wir am besten weiterhin zusammenarbeiten können. Diesen Besuch aber brauchten wir, um die Liebe, die wir miteinander als Basis unserer Arbeit teilen, zu ehren. Ibtisam ist eine großartige Führungspersönlichkeit in ihrer Gemeinde, Schützerin von Frauenrechten und Anwältin religiöser Harmonie, aber während wir hier zusammensaßen und uns gegenseitig von unseren Familien erzählten und über all die kleinen Dinge sprachen, über die Freunde so sprechen, wurde die Bedeutsamkeit dessen, was wir hier in den letzten 15 Jahren gemeinsam erschaffen haben, so herzerwärmend und offensichtlich.

Wir sind, in all den Jahren, nicht hierher gekommen, um zu lehren, sondern um zu lernen und wir sind niemals enttäuscht worden.

Mit Liebe und Segen aus dem Heiligen Land,
David Less