Blog #8: Jenseits von Schuld und Zorn

Gestern gab es wieder mehr Gewalt in Israel und Palästina. Die Geschichte geht immer weiter und all der Schmerz und die Verwirrung scheinen eher Stumpfheit als Bewusstheit zu erzeugen. Ein Teil der palästinensischen Bevölkerung führt Campagnen gegen die »Normalisierung« von Beziehungen mit der israelischen Regierung. Aus meiner Perspektive scheint es, als sei Akzeptanz von Gewalt und Feindschaft zur Norm geworden. Schuldzuweisungen und Zorn auf allen Seiten haben eine künstliche Realität geschaffen, die akzeptiert wird, als ob dies wäre, was das Leben wirklich ist. Das muss geändert werden! Während ich dies schreibe, höre ich einen Weckalarm, der vergeblich versucht den Besitzer des dazugehörigen Handys zu wecken – die Metapher zum Leben hier ist überdeutlich. Religionen und religiöse Führungspersönlichkeiten haben hier immer noch Einfluss. Die Menschen die wir hier kennenlernen durften und mit denen wir die Ehre haben, hier zu arbeiten, sind Teil dieses Erwachens. Auf ihre stille Art und Weise arbeiten sie mit den zukünftigen jungen religiösen Führungspersönlichkeiten und Bürgern. Täglich merke ich erneut, was für ein Segen die Freundschaft und gemeinsame Arbeit mit diesen lokalen Helden ist, die weit über die Schuldzuweisungen und ihre internen Dogmen hinausgewachsen sind.

iconReverend Daniel Aqleh ist ein evangelischer palästinensischer Pfarrer, der in Bethlehem lebt. Er setzt sich für die Rechte aller Menschen aus seiner Gegend ein. Seine Leidenschaft ist ansteckend und sein evangelischer Glaube wird deutlich, wenn er vom Frieden für alle spricht und von der Möglichkeit eines jeden, mit Gott in Verbindung zu treten. In seiner Doktorarbeit schlug er ein Programm für junge Menschen vor, in dem in Kleingruppen erst mit anderen jungen Menschen des gleichen Glaubens und der gleichen Kultur ein wirklicher Gedankenaustausch geübt wird, um dann nach einer Übungszeit im nächsten Schritt mit anderen Kleingruppen eines anderen Glaubens / einer anderen Kultur in Kontakt zu treten. Dies scheint ein so offensichtliches Rezept zu sein, aber es wird – soweit wir sehen – dennoch nicht angewandt. Wir versuchen jetzt, dieses Programm finanziert zu bekommen und hoffen, im Februar mit Pilotgruppen starten zu können und diese dann auf Gruppen in ganz Israel und Palästina auszuweiten. Daniel ist Koordinator der Abrahamic Reunion in Palästina.

Wir trafen uns zu einem wunderbaren Lunch und ausgedehnten Treffen mit Pater Russ McDougall. Er ist katholischer Priester und Direktor des Ökumenischen Zentrums »Tantur« in Jerusalem. Das Tantur Institut beherbergte die AR schon viele Male und stellte seine Räumlichkeiten für unsere interreligiösen Veranstaltungen zur Verfügung und hat sich immer wieder als Ort der Heilung und des Trostes bewiesen, auch für zukünftige gemeinsame Arbeiten. Pater Russ’ Unterstützung, sein Rat und sein Wissen um die verschiedenen ökumenischen Zusammenhänge in Jerusalem sind immer zutiefst hilfreich gewesen, aber das größte Geschenk für uns alle ist sein Herz voller Licht.

Bitte haltet uns in Euren Gebeten und schickt gute Gedanken. Die Arbeit hier kann hart sein und wir spüren wirklich die Unterstützung on so vielen Menschen, die nicht physisch bei uns sind. Wir sind zutiefst dankbar und schätzen uns sehr glücklich, diese Arbeit tun zu dürfen.