Blog #9: Mit Hoffnung weiterarbeiten

Morgen wird für Ghassan und mich der letzte Tag hier im Heiligen Land sein. Anna ist gestern schon abgereist, um drüben in den Staaten einige Präsentationen zu geben. Wir versuchen, die Grundsteine für die nächsten Aktivitäten der Abrahamic Reunion hier in Israel und Palästina und der ganzen Welt zu legen.

Was hier am meisten fehlt, ist Kooperation und Kommunikation zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Alle Gemeinden sind religiös und kulturell voneinander getrennt. Viele realisieren nicht, dass dies nicht immer der Fall war. Christen, Muslime, Juden und Drusen lebten einst in den gleichen Dörfern und Städten recht harmonisch miteinander. Die Gastfreundschaft, die nach wie vor ein Teil der Kultur des Mittleren Ostens ist, brachte die Menschen dazu, freudvoll an den Feiertagen und Festen der jeweils anderen teilzunehmen. Viele ältere Menschen, die hier geboren wurden, erinnern sich noch an diese Zeiten.

War alles idyllisch und problemlos? Sicher nicht, aber der Grad der Feindschaft, den wir heute erleben, war nicht da. Wenn der Andere dein Freund, dein Helfer in Zeiten der Not war, war es schwierig, das Maß an Negativität auf ihn zu projizieren, welches heute üblich ist. Aber anstatt danach zu fragen, was geschehen ist, muss unsere Frage sein, was getan werden kann, um vorwärts zu gehen.

Wie immer sind Schuldzuweisungen nicht die Antwort. Mit dem Finger auf Andere zu zeigen und zu bekunden, das alles ihre Schuld sei, erschafft nur weitere Ausflüchte für Gewalt und Trennung. Viele Gruppen hier waren ursprünglich »Friedensgruppen«, aber manche von ihnen haben aufgegeben, manche verzettelten sich in Bürokratie und manche sind einfach nur politisch. Indem wir versuchen, Religion als einen Weg zu benutzen, machen wir einige Fortschritte. Wir sind nicht auf irgendeine einzige Religion oder einen einzigen Glaubensweg beschränkt. Wir suchen nach einer Herzensverbindung, das Wunder kollektiven Glaubens als ein Mittel, um Türen und Denken zu öffnen.

Wir in der AR suchen nach den Menschen, die eher das Licht der Hoffnung als dass der Vorwürfe in sich tragen, die wahrhaft herzliche Begegnungen möglich machen können und die Menschen an unsere Gemeinsamkeiten erinnern, nicht an unsere Unterschiedlichkeiten. Diese Menschen existieren und sind zu Tränen gerührt wenn sie andere treffen, die den gleichen Weg mit ihnen teilen. Schwestern und Brüder, die, was auch immer ihr Glaube sei, nicht nur die Akzeptanz des Anderen lehren, sondern auch in Hoffnung die Hände nacheinander auszustrecken.

Wir hatten ein schönes Treffen mit Abuna (Vater) Nael aus Nazareth, der geradezu glühend an unsere Arbeit glaubt und diese unterstützt. Er ist anglikanischer Priester, der hier geboren wurde und dessen gesamte Familie hier lebt. Abuna Nael teilte mit uns seine Idee, junge Menschen bereits zu einem Zeitpunkt in die Arbeit mit einzubeziehen, bevor sie von Negativität und Leid hören. Er veranstaltet schon jetzt Camps und Treffen, kulturelle Veranstaltungen und gemeinsame Mahlzeiten, um das Bewusstsein der Jüngeren zu schärfen und die »Millenials«, die Älteren, daran zu erinnern, was von ihrer Generation erhofft wird. Sein perfektes English voller Idiome repräsentiert seine tiefe Einsicht in das, was die verschiedenen Kulturen hier ausmacht und was sie brauchen. Wir sind glücklich, ihn bei uns zu haben!

Und letztendlich trafen wir uns mit Khalil und Sana Albaz, Gründungsmitglieder der AR. Khalil ist der Imam der Beduinen-Gemeinde in Tel Sheva und ist weithin respektiert unter der großen israelischen Gemeinschaft der Beduinen. Sana, eine klassische beduinische Araberin, ist Erzieherin für junge Kinder mit einem glühenden Glauben an religiöse Harmonie und Frieden, der so dringend benötigten religiösen Harmonie und des Frieden in Israel. Sie ist eine ausdrucksstarke und mitreißende Rednerin, und wir alle schätzen und respektieren sehr ihr klares, differenziertes Denken. Es gibt weit mehr als 225.000 Beduinen allein in der Negev-Wüste und sie werden durch Khalil sowohl in religiöser als auch in kommunalen Belangen ausgesprochen gut vertreten. Für mich ist die Leidenschaft dieser beiden für unsere Arbeit eine Quelle der Inspiration für uns alle. Sie sind unerschütterlich in ihrem Engagement für den Frieden. Sie werden mit Anna und Ghassan nach Deutschland kommen und ich hoffe, ihr werdet sie treffen.

Ich bin jetzt drei Wochen lang hier gewesen und es fühlt sich viel länger an. Ich weiß, wir müssen weiter Druck machen, denn ich sehe die ersten Früchte unserer 15-jährigen Arbeit. Wir brauchen Hilfe, sowohl finanzieller wie auch freiwilliger Art. Wir bezahlen unseren Koordinatoren in Israel und Palästina ein jämmerlich geringes Gehalt, und alles weitere Geld fließt direkt in die Arbeit hier vor Ort. Wir versuchen, weltweit zu wachsen und in vielen Ländern Gruppen religiöser Harmonie aufzubauen. Denjenigen von Euch, die bereits geholfen haben, tiefsten Dank! Wenn Ihr das noch nicht getan habt, bitte gebt, was Ihr geben könnt. Wir sind keine esoterische Gruppe, und allein schon mit Euren Freunden oder Euren Familien über uns zu sprechen, ist eine Art von Hilfe!

Gebete und tiefe Hoffnung im Angesicht einer sehr schwierigen Situation sind ebenfalls großartige Wege, uns zu unterstützen.

Und zuletzt ein Wort des Dankes an alle von unserer standfesten Gruppe hier und an alle, die weltweit an unsere Arbeit glauben. Liebe für unsere beiden getreuen und unermüdlichen Leiter hier, Eliyahu McLean und Abed al Salaam Manasra.

Mit Liebe und Segen aus dem Heiligen Land,

David Less